Buchvorstellung durch Frank Keil*:
Gerdt Fehrle:
Wie Großvater den Krieg verlor.
Louisoder 2017.
ISBN 978-3-944153-42-1
352 Seiten.
Jahrgang 1908 ist der eine, Jahrgang 1911 der andere. Zwei Großväter, beide mit Namen Ott. Schwäbische Provinzgewächse:
Otto Elf ist klug und begabt, ein Bürgersohn, der in Berlin studieren wird. Früh marschiert er in SA-Uniform herum, was er bald hasst, ohne dass es zu irgendwelchen Konsequenzen führt. Er wird Techniker, entwickelt Flugzeuge, erobert selbst den Himmel, es ist Krieg, das passt.
Otto Acht dagegen bleibt einfacher Herkunft, ist entsprechend fleißig. Arbeiter, Mitglied im Männerchor. Und gläubig. Methodist, wortgewaltiger Laienprediger, eingezogen wird er trotzdem. Kommt zu einer Spezialeinheit, immer an der Front. Aber er ist sich sicher, dass ihm nichts passieren wird, ihm nicht.
Nun ist der Krieg vorbei, weg ist „drr Hiddlr“. Doch so schnell verschwindet die Nazizeit nicht. Nur wie soll man über diese reden? Reden ist nicht die Stärke dieser Männer. Einfach mal erzählen, was man hat erleben müssen. Sich erklären oder begründen, warum man was tat und was nicht.
Da gibt es diese Anekdoten: aufgebauscht, großspurig, ins Lächerliche gezogen und wieder abgeschwächt. War doch alles nicht so schlimm! In schwachen Stunden mit rasselndem Raucherhusten erzählt. Das Enkelkind hört zu. Beim Wandern, beim Spazierengehen. Gruselt sich manchmal, fragt vorsichtig nach – aber nicht zu viel! Denn der Großvater, egal welcher, könnte aufhören zu erzählen. Könnte aussteigen aus seinem Erinnerungssingsang, der ihn zurückführt in ferne Tage, die plötzlich so nah werden. Unheimlich nah.
Intensiv und eindrücklich bringt Romancier Gerdt Fehrle seine verstummten Protagonisten zum Reden. Hört ihnen zu, gibt ihnen eine Stimme, lässt sich auf ihre Weise ihr Leben erzählen.
*Frank Keil: „Opas Geschichten“, in: Evangelische Zeitung, 44/2017, Seite 11.
siehe auch >> Mirjam Rüscher: “Bens Experiment“
[…] auch >> Frank Keil: „Opas […]