Buchbesprechung:
Christoph Haferburg und Marie Huchzermeyer (eds.):
Urban governance in post-apartheid cities
Modes of engagement in South Africa’s metropoles
Stuttgart: Borntraeger Science Publishers 2014, 337 Seiten.
Stadtgeographie misst den Puls des urbanen Lebens. Dieser Sammelband mit insgesamt siebzehn Artikeln präsentiert Ergebnisse zur Stadtpolitik und –planung. Die überwiegend deutschen, britischen und südafrikanischen Autoren beleuchten das lokalspezifische Zusammenwirken oder spannungsgeladene Gegeneinander von Verwaltung, Privatwirtschaft und Stadtbevölkerung aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Stärke des fünfteiligen Buches liegt in konkreten Fallstudien zu ausgewählten Wohnprojekten, Bau- und Sanierungsvorhaben sowie Immobilien, neuen Stadtbusse und Firmen der privaten Sicherheitsindustrie. Einzelne Autoren richten ihren Fokus auf die Probleme und Lösungsstrategien der Bewohner informeller Siedlungen. Auch diese Detailanalysen sind wegen ihrer differenzierten Auseinandersetzung sehr lesenswert. Hinzu kommt ein Beitrag über Xenophobie und ein Schlussbeitrag über Frauen und Gender Viele Artikel konzentrieren sich auf den Großraum Johannesburg, punktuell skizzieren Professoren und Doktoranden auch Veränderungen in Kapstadt oder Durban und Umgebung.
Das Buch ist reich bebildert und mit übersichtlichen Stadtplänen und Statistiken, einem hilfreichen Index und umfangreichen Literaturlisten bestückt. Alle theorieorientierten Texte setzen viele Fachkenntnisse voraus und sind vor allem für Geographie- oder Stadtplanungsstudenten interessant.
Es fällt auf, dass nur wenige schwarze Forschende zu Wort kommen und vom African Centre for Cities in Kapstadt keine südafrikanischen Mitarbeiter, sondern eine junge deutsche Gastwissenschaftlerin einen Artikel liefert. Der interdisziplinäre Anspruch des Buches hätte leicht eingelöst werden können, wenn ausgewiesene Migrationsforscher der Witwatersrand-Universität, also Kollegen der Herausgeber, in das Autorenteam einbezogen worden wären. Wünschenswert wäre es gewesen, die hervorragende südafrikanische Stadtgeschichtsforschung konzeptionell und systematisch in das Buch zu integrieren. Schließlich haben namhafte weiße und schwarze Historiker der Witwatersrand-Universität in Johannesburg in Teamforschungen, durch Auswertung umfangreicher alter Aktenbestände der Stadtplanungsämter und gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung die Geschichte Johannesburgs und einzelner Townships wie Alexandra oder Soweto schon vor einigen Jahren akribisch dokumentiert. Eine historisch fundiert Tiefenschärfe hätte jungen Forschern und Lesern zu noch umfassenderen Erkenntnissen über gegenwärtige Zustände und Prozesse verholfen.
Rita Schäfer
[aus: afrika süd, Januar/Februar 2015, Seite 38]
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