Gleiches Recht …

"Mein JA habt Ihr"

Für die meisten Deutschen ist die gleichgeschlechtliche Liebe eine Selbstverständlichkeit – das zeigt eine aktuelle Umfrage der Antidiskriminierungsstelle. Tobias Peter* berichtet:

Für die meisten Deutschen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass auch zwei Männer oder zwei Frauen das Recht haben sollten, zu heiraten. 83 Prozent der über 16-Jährigen sind dafür, wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zum Auftakt ihres Themenjahres Gleiches Recht für jede Liebe ergab. Mehr als drei Viertel der Befragten befürworteten auch ausdrücklich, dass es homosexuellen Paaren genauso wie heterosexuellen erlaubt sein sollte, Kinder zu adoptieren.

„Die Zustimmung zur Gleichstellung bei der Ehe war noch nie höher – das zeigt, dass die Gesellschaft hier viel weiter ist als die Politik“, sagte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders. Sie nannte es „ein trauriges Zeichen“, dass in Deutschland im Gegensatz zu 14 anderen Staaten Europas die Institution Ehe noch immer nicht Homosexuellen zugänglich sei. Die eingetragene Lebenspartnerschaft, die gleichgeschlechtliche Paare seit 2001 in Deutschland eingehen können, sei „letztendlich eine Ehe zweiter Klasse“, fügte sie hinzu. Lüders forderte, die Politik dürfe nicht länger hinauszögern, was eine große Mehrheit für richtig hält. Deshalb wünscht sie sich, dass noch in dieser Legislaturperiode im Parlament über die Frage abgestimmt wird – „ohne Fraktionszwang“.

Rücksicht auf die CDU/CSU

Im Bundestag gibt es aber nur theoretisch eine Mehrheit für die Öffnung der Ehe, praktisch wird diese nicht genutzt, weil die SPD in den Koalitionsverhandlungen der CDU/CSU zugestimmt hat, diesen Schritt in dieser Legislaturperiode nicht zu machen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dies durchgesetzt, weil sie ihren eigenen Konservativen nach Projekten wie dem Ausstieg aus der Atomkraft und der Aussetzung der Wehrpflicht nicht noch mehr Veränderungsbereitschaft abverlangen wollte.

Obwohl die Mehrheit in der Bevölkerung für rechtliche Gleichstellung ist, sind Vorbehalte gegenüber Homosexuellen durchaus noch weit verbreitet. So empfinden es 38 Prozent der Befragten als sehr oder eher unangenehm, wenn sich zwei Männer in der Öffentlichkeit küssen. 18 Prozent halten Homosexualität für „unnatürlich“. Ungefähr zwölf Prozent haben ein Problem damit, wenn Arbeitskollegen homosexuell sind. Homophobie ist unter Männern stärker verbreitet als unter Frauen, unter älteren Menschen mehr als unter jungen.

Aufklärung in der Schule

Zu den Einstellungen von Menschen mit Migrationshintergrund allerdings präsentierte die Studienleiterin Beate Küpper, Professorin für Soziale Arbeit in Gruppen- und Konfliktsituationen an der Hochschule Niederrhein, keine Daten. Da dieser Personenkreis sehr stark gemischt sei – von Niederländern bis zu Türkischstämmigen und Einwanderern aus Russland – hätte man dafür eine andere Stichgruppe ziehen müssen als die Zufallsauswahl von 2000 Personen für die telefonische Befragung, sagte sie zur Begründung.

Aus Küppers Sicht ist Bildung einer der entscheidenden Faktoren. „Je niedriger die Bildung, desto größer sind die Vorurteile“, sagte sie. Deshalb komme der Schule eine wichtige Rolle in der Aufklärungsarbeit zu. In einigen Bundesländern gab und gibt es Pläne, sexuelle Vielfalt im Unterricht stärker zu berücksichtigen – was teils auf erheblichen Widerstand stößt. Die von den Gegnern angeführten Argumente teilt die Mehrheit der Deutschen jedoch nicht: Sieben von zehn Befragten weisen die Aussage zurück, es verwirre die Kinder in der Entwicklung ihrer Sexualität, wenn in der Schule über sexuelle Vielfalt geredet werde.

*Tobias Peter, Frankfurter Rundschau, 13.01.2017

>> Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage

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