… lösungsorientiert

Unpolitisch? Unsinn!“ widerspricht der Nachhaltigkeitsforscher Uwe Schneidewind seinem Kollegen Harald Welzer in einem von der „taz“ angeregten Disput. Welzer hatte die Umweltbewegung pauschal als unpolitisch abgetan.

Was er dabei übersieht: Das Politische in den sozialen Bewegungen verändert sich gerade radikal, und dies zeigt sich nicht zuletzt in einer neuen Generation von Umweltbewegten, die sich anschicken, die Orte, an denen sie leben und arbeiten, grundlegend umzugestalten. Eine international vernetzte, technophile Szene entwickelt nicht nur freie Software, sondern auch offene Hardware, die für alle zugänglich ist und ökologisch Sinn macht. Genossenschaften neuen Typs erproben postkapitalistische Wirtschaftsformen und entkommerzialisieren Wissen. Politik manifestiert sich hier im Handeln selbst.

Es ist die Hinwendung zu elementaren Prozessen der Produktion, die die neuen Akteure von früheren politischen Bewegungen unterscheidet. Sie belasten sich nicht mehr mit schwerem ideologischen Gepäck, sondern finden auf leichte, fluide, stets pragmatische Weise intelligente Formen, vorhandene Dinge neu zu betrachten und umzunutzen. Man experimentiert und hält sich gar nicht merh mit Kritik oder Diskursen des „Dagegen-Seins“ auf. Konjunktive stehen nicht hoch im Kurs, ebenso wenig wie Lamenti. Anstatt zu opponieren oder „auszusteigen“ (und sich also mit einem Rest zu bescheiden), nehmen sie die Dinge selbst in die Hand und bewegen sich im überschaubaren Feld ihrer kollaborativen Unternehmungen.

Trotz des konkreten, oft lokalen Fokus haben sie zugleich die ganze Welt im Blick, mit der sie sich vernetzen und die sie reparieren wollen (so der Titel eines jüngst erschienen Buchs über diese Generation). Sie verwandeln brachliegende Flächen, Gebäude oder Unternehmen in produktive Räume für alle. Und gerade weil sie dies zunehmend im öffentlichen Raum tun und sich dabei auf die Polis beziehen, die sie in einen besseren Ort transformieren wollen, sind sie genuin politische Akteure.

Schneidewind macht in seiner Gegenrede einen wichtigen Punkt stark: Er spricht von einem Doppelpassspiel. Die Energiewende etwa sei erst durch ein hochkomplexes Zusammenspiel aus Tüftlern, Entrepreneuren und politischer Flankierung möglich geworden. So funktioniert sozialer Wandel.

Christa Müller, Soziologin, Leiterin der Forschungsgesellschaft Anstiftung.

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