AFRIKANISCHE UNION – Burundi

Der zentralafrikanische Staat Burundi ist von Unruhen geprägt. Die Spannungen könnten zu einem Bürgerkrieg oder gar zu einem Völkermord führen. Einen Einsatz einer Friedenstruppe wird es dennoch nicht geben. Die Afrikanische Union ist dagegen.

Keine Blauhelme für Burundi
von Johannes Dieterich*

ADDIS ABEBA, 03.02.2016: Die für ihre Zahnlosigkeit berüchtigte Afrikanische Union (AU) hat erneut ihre Schwäche unter Beweis gestellt. Nachdem der Friedens- und Sicherheitsrat des Staatenbundes angekündigt hatte, notfalls auch ohne das Einverständnis der burundischen Regierung eine 5000-köpfige Friedenstruppe in den von Unruhen geschüttelten zentralafrikanischen Kleinstaat zu senden, haben Afrikas Staatschefs diesem Ansinnen eine Absage erteilt. Die Präsidenten verständigten sich am Montag bei ihrem Gipfeltreffen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba lediglich darauf, eine „hochrangige“ Delegation nach Burundi zu schicken, um den dortigen Staatschef Pierre Nkurunziza dazu zu bewegen, eine Blauhelmtruppe zu akzeptieren.

Der Präsident, der sich Mitte vergangenen Jahres auf umstrittene Weise eine weitere Amtszeit genehmigt hatte, widersetzt sich diesem Vorschlag strikt. Seine Regierung würde die Entsendung einer Friedenstruppe als „Invasion“ betrachten und entsprechend beantworten, hatte Nkurunziza vor dem Gipfel gedroht. Den seit acht Monaten anhaltenden Unruhen in dem ehemaligen Bürgerkriegsstaat fielen bereits mehr als 430 Menschen zum Opfer, mindestens 230 000 Burundier flohen in die Nachbarländer, vor allem nach Tansania. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International will auf Satellitenbildern fünf Massengräber in Burundis Hauptstadt Bujumbura ausgemacht haben. Beobachter befürchten, dass sich die Spannungen wieder zu einem Bürgerkrieg oder gar zu einem Völkermord ausweiten könnten: Ein solcher hatte im burundischen Bruderstaat Ruanda vor 22 Jahren mehr als 800 000 Menschenleben gefordert.

In einer Rede auf dem afrikanischen Gipfel hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die 54 Staatschefs des Kontinentes aufgefordert, „mit einer Stimme zu handeln“. Die Krise in Burundi erfordere ein „äußerst dringliches und ernsthaftes Engagement“: Staatsführer, die nur zuschauten, während Zivilisten umgebracht werden, müssten „zur Verantwortung gezogen“ werden, sagte er. Bereits in der vergangenen Woche hatte der Chef der UN-Menschenrechtskommission, Zeid Ra’ad Al-Hussein, auf Berichte über die Exekution von Oppositionsmitgliedern, über zahllose sexuelle Übergriffe und Massengräber hingewiesen. Zu befürchten sei, dass sich nun auch die ethnischen Spannungen zwischen Hutus und der Minderheit der Tutsis wieder verschärften, sagte Al-Hussein: „Geht die rapide Verschlechterung der Lage so weiter, wird das notwendigerweise im Desaster enden.“

„Wir reden viel und tun nichts“

Rechtlich wäre die AU ermächtigt gewesen, auch ohne Einverständnis der burundischen Regierung eine Friedenstruppe ins Land zu senden. Artikel vier der AU-Charta sieht vor, dass der Staatenbund im Fall von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, von Kriegsverbrechen und Völkermord zu einem derartigen Schritt ermächtigt ist.

Auf dem Gipfel sollen sich jedoch zahlreiche Staatschefs – wie der Südafrikaner Jacob Zuma und der Tansanier John Magufuli – gegen ein unilaterales Eingreifen ausgesprochen haben. Sie äußerten die Befürchtung, dass dies einen gefährlichen Präzedenzfall setzen könne. Dagegen zeigten sich andere Teilnehmer des Gipfels über den letztlich getroffenen Entschluss enttäuscht. „Unsere Organisation reagiert, wie sie es bereits seit 20 oder 30 Jahren tut“, klagte der zum neuen AU-Vorsitzenden gewählte tschadische Staatschef Idriss Deby: „Wir treffen uns oft, wir reden zu viel, wir schreiben eine Menge aber wir tun nicht genug, und manchmal tun wir gar nichts.“

Burundis Außenminister Alain Aime Nyamitwe äußerte sich „zufrieden“ mit dem Gipfelbeschluss. Seine Regierung sei zur Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft, vor allem der AU, bereit, sagte der Minister. Die Absicht, eine weitere hochrangige Abordnung des Staatenbundes nach Burundi zu schicken, sei allerdings „Zeitverschwendung“, weil ohnehin jeder die Position in Bujumbura kenne.

*Johannes Dieterich, POLITIK, FrankfurterRundschau 03.02.2016, 9.

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