… ein Urteil für Afrika

Hissène Habré [rechts im Bild], zu lebenslanger Haft verurteilt

Das historische Verfahren gegen Ex-Diktator Habré.

Daniel Haufler* kommentiert:

Der ehemalige Diktator des Tschad, Hissène Habré, ist von einem Sondertribunal wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Folter, Mordes und Zwangsprostitution zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Habré habe nicht nur gewusst, dass unter seinem Regime Verbrechen stattfanden, sondern habe sie auch in Auftrag gegeben oder sei persönlich involviert gewesen, urteilte Richter Gberdao Gustave Kam in Senegals Hauptstadt Dakar. Er nannte die Herrschaft Habrés von 1982 bis 1990 ein „System von Straflosigkeit und Terror“.

Viele Menschenrechtsaktivisten halten das Verfahren und das Urteil für historisch. Genauso schätzt es Dominic Johnson in der „taz“ ein. Zwar seien die „Verbrechen, um die es ging (…), schon 30 Jahre her, aber der Schuldspruch mit lebenslanger Haft gegen Hissène Habré (…) ist von höchster aktueller Brisanz. Nicht nur, weil ein jahrzehntelanger Kampf von Überlebenden und Hinterbliebenen zu einem würdigen Abschluss findet. Sondern auch, weil der Fall Habré einen Testfall für die internationale Justiz darstellt. Denn der Diktator war nach seinem Sturz Ende 1990 ins senegalesische Exil geflohen und hatte dort Schutz vor sämtlichen Auslieferungsbegehren gefunden. (…) Senegal, das sich gern als Vorreiter von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Westafrika darstellt, wollte aber nicht als Beschützer eines Schlächters dastehen, sondern zielte auf Höheres: Hissène Habré als Testlauf einer afrikanischen Justiz gegen afrikanische Diktatoren.“ Der Kampf gegen die Straflosigkeit von Gewaltherrschern in Afrika gehe mit diesem Prozess also nicht zu Ende, er beginne erst.

Auch „El País“ aus Madrid sieht das Urteil gegen Habré als einen „beispiellosen Erfolg für die Menschenrechte auf dem afrikanischen Kontinent. Zwar hat es 26 Jahre bis zu diesem Urteil gedauert, aber es wurde von einem speziellen afrikanischen Tribunal gefällt, das erstmals das weltweite Justizkonzept zur Anwendung brachte. Schon allein die Existenz dieses afrikanischen Sondergerichts ist eine Warnung an alle Diktatoren auf dem Kontinent, dass sie früher oder später für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden können.“

Bisher war für solche Fälle der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag zuständig. Nun habe Dakar bewiesen, meint die „Neue Zürcher Zeitung“, „dass auch afrikanische Staaten solche komplizierten Verfahren eröffnen und abschließen können“. Es habe zwar lange gedauert, aber der heutige Staatschef Senegals, Wade, habe das Verfahren ermöglicht. „Gegner warfen ihm prompt vor, sich zum `Lakaien des Westens´ zu machen. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn sich Afrika selber um seine Missetäter kümmert, wird die Kritik an Den Haag glaubwürdiger. Das hat nichts mit Anbiederung an den `Westen´ zu tun, sondern mit Emanzipation.“

*Daniel Haufler, Für Sie Gelesen, Frankfurter Rundschau, 02.06.2016, 10

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