Staatschef vor Gericht

Präsident Jacob Zuma

Südafrikas Präsident Jacob Zuma muss sich vor dem höchsten Gericht des Landes verantworten, weil er sich den Bau seines Privatanwesens aus der Staatskasse finanzieren ließ. Vor Beginn des Verfahrens gibt Präsident Zuma bekannt, einen Teil des Geldes zurückzahlen zu wollen – Kritiker vermuten Kalkül. Johannes Dieterich* berichtet:

JOHANNESBURG, 09.02.2016: Erstmals in der Geschichte des demokratischen Südafrikas muss sich ein amtierender Präsident vor dem höchsten Gericht des Landes wegen der Veruntreuung von Steuergeldern verantworten. In Johannesburg begann am Dienstag ein von mehreren Oppositionsparteien angestrebtes Verfahren gegen Staatschef Jacob Zuma, der sich den Bau seines Privatanwesens mit umgerechnet fast 15 Millionen Euro aus der Staatskasse finanzieren ließ. Der Zuschuss war bereits vor drei Jahren bekanntgeworden: Er wurde von Zuma jedoch zunächst mit notwendig gewordenen Sicherheitsmaßnahmen gerechtfertigt.

Eine Untersuchung des Amts des „Public Protectors“ – einer Art Ombudsstelle für die Interessen der Öffentlichkeit – kam allerdings zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Einrichtungen keineswegs um Sicherheitsmaßnahmen, sondern um ein Schwimmbad, ein Empfangsgebäude, ein Amphitheater, eine Rinderkoppel sowie einen Hühnerhof gehandelt hat. In ihrem „Wohnen mit Komfort“ betitelten Bericht forderte die Chefin der Behörde, Thuli Madonsela, den Präsidenten auf, zumindest einen Teil des Zuschusses zurückzuerstatten.

Dagegen sträubte sich Zuma mehr als zwei Jahre lang und wurde dabei sowohl von seiner Partei wie von zahlreichen Ministern unterstützt. Der Polizeiminister versuchte etwa nachzuweisen, dass es sich bei dem Schwimmbad sehr wohl um eine Sicherheitsmaßnahme – nämlich um ein Wasserreservoir im Falle eines Brandes – handele. Der Skandal führte sogar zu handgreiflichen Zwischenfällen im Parlament, in deren Mittelpunkt die oppositionellen „Economic Freedom Fighters“ (EFF) unter ihrem „Chefkommandanten“ Julius Malema steht. Die Freiheitskämpfer unterbrachen immer wieder Parlamentsauftritte Zumas, indem sie etwa ihren Slogan „Pay Back the Money“ skandierten. Schließlich riefen die Freiheitskämpfer das Verfassungsgericht an und wurden in ihrer Klage von der vor allem von weißen Südafrikanern gewählten „Demokratischen Allianz“ (DA) unterstützt.

Rücktritt gefordert

Eine Woche vor Beginn des Verfahrens gab Zuma überraschend bekannt, doch einen Teil der Kosten zurückzuerstatten: Ein Schritt, den Kritiker als Versuch werteten, das Verfahren zu verhindern oder zumindest die Richter positiv zu beeinflussen. Sowohl die EFF wie die DA hielten an ihrer Klage fest – ihr schloss sich auch das Amt des Public Protectors an. Denn es geht auch um die grundsätzliche Frage, ob sich Präsident Zuma über die Empfehlungen Madonselas auf verfassungswidrige Weise hinweggesetzt hat.
Bei der Anhörung des Falls vor Gericht warf EFF-Anwalt Wim Trengove dem Präsidenten am Dienstag vor, sich der Aufforderung Madonselas widersetzt zu haben, „um an seinem unrechtmäßig erworbenen Wohlstand festzuhalten“. Sowohl Zuma wie die ihn unterstützenden Minister hätten mit der Nichtbeachtung der Empfehlung Madonselas gegen die Verfassung verstoßen.

Zur Eröffnung des Verfahrens zogen tausende EFF- und DA-Anhänger zum Verfassungsgericht, um unter anderem Zumas Rücktritt zu fordern. Der Präsident habe seinen Amtseid gebrochen und müsse nun die Konsequenz ziehen, sagte Malema, der einst Zuma nahestand, doch nach Konflikten innerhalb des ANC aus der Partei ausgeschlossen wurde. Malema gründete daraufhin die EF. Eines seiner dringlichsten Ziele: den Rücktritt seines einstigen Mentors zu erwirken.

Diesem Ziel scheint der EFF-Chef in dieser Woche näher zu kommen. Denn am Donnerstag [11.02.2016] steht die jährliche Parlamentseröffnung an: Eine weitere Gelegenheit für die `Freiheitskämpfer´, Zuma öffentlich vorzuführen. Eine schlimmere Woche habe es für den Präsidenten noch nicht gegeben, sagen Beobachter: Erstmals wird davon gesprochen, dass auch im ANC die Geduld mit dem Parteichef irgendwann zu einem Ende kommen könnte.

*Johannes Dieterich, POLITIK, Frankfurter Rundschau 10.02.2016, 9.

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Kommentare zu »Staatschef vor Gericht«

  1. Ein Hühnerstall könnte Jacob Zuma zum Verhängnis werden. Unter anderem solch ein Gehege hat sich der südafrikanische Präsident auf Kosten der Steuerzahler in seinem Privatanwesen bauen lassen. Mehr als zwei Jahre lang suchte der Staatschef den Skandal um die Verwendung von umgerechnet rund 15 Millionen Euro öffentlicher Mittel in seinem Wohnsitz Nkandla auszusitzen. Jetzt werden die höchsten Richter des Landes entscheiden, ob während Zumas peinlicher Blockade alles mit rechten Dingen zuging.
    Führende Juristen rieten Zuma bereits, sich zu einer teilweisen Rückerstattung der Summe bereit zu erklären, was dieser auch tat – zähneknirschend und viel zu spät. Das Verfahren wird nun trotzdem aufgenommen, weil es um mehr als um ein paar Millionen geht. Mit seinem Verhalten hat der [politische] Erbe Nelson Mandelas gezeigt, was ihm die Verfassung des Landes und die Kontrollinstanzen Wert sind: nichts.
    Die Nkandla-Affäre ist nur e i n e Verfehlung Zumas. Er hat das Land in einen von Korruption und Vetternwirtschaft beherrschten Staat verwandelt, dessen wirtschaftlicher Kollaps bevorsteht. Längst ist der Präsident dessentwegen zum Gespött der verblassten Regenbogennation geworden. Höchste Zeit, dass sich auch seine Partei, Mandelas ANC, von ihm trennt.

  2. […] Zugleich – und das ist wichtig – wird einem bewusst: Südafrika ist ein inzwischen gefestigter demokratischer Rechtstaat mit tauglichen Regulierungs- und…. […]

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