... auch durch Akteure der Privatwirtschaft bedroht: Menschen in den Ländern des Südens – Mädchen und Frauen insbesondere

$200 Reward$200 Reward. Ranaway from the subscriber, on the night of Thursday, the 30th of Sepember, five Negro slaves. 1 Oct. 1847. Quelle: http://www.loc.gov/pictures/item/2005684861/

Im Jahre 1956 verpflichteten sich die UN in einem Abkommen, weltweit für die Abschaffung der Sklaverei einzutreten. 25 Jahre später verbot Mauretanien als letztes Land der Erde die Sklaverei per Gesetz. Am Dienstag veröffentlicht die Internationale Arbeitsorganisation ILO einen Bericht, demzufolge 21 Millionen Kinder, Frauen, und Männer heute als Sklaven gehalten werden. Das entspricht der Gesamtbevölkerung von Nordrhein-Westfalen und Berlin.

Wer ist von Sklaverei besonders betroffen?

Mehr als die Hälfte der versklavten Menschen sind Mädchen und Frauen. Sie arbeiten vorwiegend als Haushaltshilfen oder werden zur Prostitution gezwungen. Jungen und Männer kommen dagegen vorwiegend in der Landwirtschaft und in Fabriken zum Einsatz. Schlechte Ausbildung und materielle Not sind die wichtigsten Faktoren, die Menschen zu Leibeigenen werden lassen. Daher sind auch Kinder stark gefährdet. Allein in Haiti, wo der Menschenhandel offiziell 1806 abgeschafft wurde, leben bis zu 500 000 Kinder unter sklaven-ähnlichen Bedingungen. Auch in Brasilien, Indien und schwarzafrikanischen Staaten ist Sklaverei verbreitet.

Wo werden Sklaven eingesetzt?

Neben der Zwangsprostitution ist Zwangsarbeit die häufigste Erscheinungsform moderner Sklaverei. Hinzu kommen Arbeiter, die oft in einer Art Schuldknechtschaft gefangen sind, etwa Gastarbeiter in Katar und anderen Golfemiraten, aber auch in illegalen Fabriken Europas. Viele dieser Menschen gelten offiziell nicht als Sklaven, sind faktisch aber weitgehend rechtlos.

Welche Wirtschaftszweige profitieren am meisten?

Den Daten zufolge erbringen Sklaven weltweit auf Baustellen, in Bergwerken und Fabriken Arbeitsleistungen im Wert von 34 Milliarden US-Dollar. In der Landwirtschaft kommen auf die gleiche Weise neun Milliarden zusammen, in Privathaushalten sind es acht Milliarden. Dabei erweisen sich Sklaven gerade in den Ländern mit hohem Lohnniveau als besonders profitabel: Laut ILO bringt jedes Opfer von Sklaverei in entwickelten Ländern einen Gegenwert von fast 35 000 Dollar pro Jahr, in Afrika sind es dagegen nur 3900 Dollar.

Wie hoch sind die Gewinne?

Nach Schätzung der ILO bringt die Sklaverei den Nutznießern jährlich 150 Milliarden US-Dollar. Mit fast 100 Milliarden ist sexuelle Ausbeutung der einträglichste „Geschäftszweig“. Das zeigen auch die ILO-Daten zu den pro Kopf erwirtschafteten Profiten: Im Schnitt verdient der Sklavenhalter an jeder Zwangsprosituierten knapp 22 000 Dollar pro Jahr. In der Landwirtschaft erreicht der Profit im Schnitt 2500, in Privathaushalten 2300 Dollar pro Kopf und Jahr.

Wo fallen die Profite an?

Mit knapp 52 Milliarden Dollar liegt der asiatisch-pazifische Raum vorn. Dann aber folgten bereits die entwickelten Industrieländer, darunter die EU-Staaten und Nordamerika, mit einem Gesamtgewinn in Höhe von 47 Milliarden Dollar. Es folgen Südeuropa und die Nachfolgestaaten der Sowjetunion mit 18 Milliarden, Afrika mit 13, Lateinamerika mit zwölf und der Mittlere Osten mit acht Milliarden Dollar.

Was schlägt die ILO vor?

Während staatlich organisierte Zwangsarbeit in jüngerer Vergangenheit laut ILO allmählich habe zurückgedrängt werden können, seien Menschen in armen Weltregionen weiterhin besonders stark von Versklavung durch Kriminelle und Akteure der Privatwirtschaft bedroht. Um die Verwundbarkeit der potenziellen Opfer zu verringern, fordert die ILO soziale und ökonomische Absicherungssysteme, um plötzlich eintretende Einkommensverluste aufzufangen. Zudem müsse verstärkt in Schulen und Berufsbildung investiert werden. Gewerkschaften und andere Arbeitnehmerorganisationen seien zu stärken. Gleiches gelte für die Rechte von Migranten, die auf der Suche nach bezahlter Beschäftigung Ländergrenzen überschritten.

Quelle: Stefan Sauer, Sklaverei im 21. Jahrhundert. Profite der Leibeigenschaft sind gigantisch – auch in Industrieländern, in: Frankfurter Rundschau, 21.05.2014, 13.

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